Donnerstag, 28. November 2013

Berner Rap und das Facebook-Experiment

Sozial Medien durchdringen unseren Alltag wie kein anderes Medium zuvor. Die beiden Berner Musiker Tommy Vercetti und Dezmond Dez stellen in ihrem neuen Musikvideo die digitale Welt an den Pranger und warnen vor deren Gefahren. Schaut euch den Clip am besten einfach mal an.


Das Video zeigt auf kreative Weise, wie sich unser Verhalten auf Facebook vom Verhalten im realen Leben unterscheidet. Die Schauspieler im Clip verhalten sich so, wie sie es auf Facebook tun würden: sie verteilen Likes, stellen persönliche Informationen zur Schau, teilen emotionale/intime Momente, exponieren sich.

Das Experiment soll uns lernen: So viele Möglichkeiten uns soziale Medien auch bieten, ist die ganze Sache mit einer gewissen Vorsicht zu geniessen. Realität und virtuelle Welt wird auf eine Weise vermischt, die einige Risiken birgt. Viele Menschen schätzen die Auswirkungen ihrer digitalen Präsenz zu milde ein oder sind sich derer gar nicht bewusst. Die beiden Rapper zeigen lyrisch auf, wie das Internet unsere Privatsphäre beeinflusst und thematisieren in diesem Zusammenhang Dinge wie Distanzlosigkeit, Kontrolle, verdrängte Fantasie, verlorenes Vertrauen und persönliche Relevanz.
Zeilen wie "bevori sie ha i dr Altstadt gseh, hani sie uf FB scho mau halbnackt gseh" regen hoffentlich jeden zum Nachdenken an.

Die Beziehung zur digitalen Welt ist eine Hassliebe, sagt Tommy Vercetti in einem Interview der Berner Zeitung. Der Song ist zwar kritisch, aber nicht per se kulturpessimistisch gemeint. "Die digitale Welt ist nicht nur eine negative, aber sie ist eben eine neue, und dementsprechend haben sich noch wenig reflektierte Verhaltensweisen und Praktiken entwickelt" fasst der Rapper sehr treffend zusammen.

Der Song war ein kleiner Vorgeschmack auf das neue Album "Glanton Gang", welches morgen veröffentlicht wird. Ich persönlich höre ihre Musik sehr gerne und kann diese nur wärmstens empfehlen. Die beiden Rapper distanzieren sich von der Mainstream-Hitparaden-Musik und decken sehr sozialkritisch Missstände in Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Kultur auf. Die ausgereiften und häufig bedeutungsschweren Texten regen zum Nachdenken und Reflektieren an.

Das Album wird als eines der besten Werke der Schweizer Rap-Geschichte bezeichnet, es lohnt sich also einmal reinzuhören :)

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